ZPP GERMAN ENGINEERING 2016 LEHRE 43 Der Bachelorabschluss gerät seit geraumer Zeit in die Kritik Obwohl berufsqualifizierend wächst dennoch vor allem unter den Studierenden das Unbehagen darüber ob er tatsächlich für einen Berufseinstieg taugt Vielen Kritikern gilt er fächerübergreifend als Schmalspur Abschluss Außerdem ist er in Verdacht geraten für die Einrichtung völlig neuer einseitig spezialisierter schma ler Studienfächer mit verantwortlich zu sein die den Studierenden letztendlich nur wenige berufliche Spiel räume lassen In dem Zusammenhang stellt sich die Frage eignet sich der Bachelorabschluss für einen Bauinge nieur als Türöffner ins Berufsleben Prof Ludger Speier lässt keinen Zwei fel daran aufkommen dass für ein Ingenieur Unternehmen wie ZPP der Bachelor definitiv kein ausreichender Abschluss ist Der decke nämlich nicht jene Anforderungen ab die ein Berufseinsteiger erfüllen müsse um zum Beispiel in einem Ingenieurbüro das sich anspruchsvollen Aufgaben widmet zu starten nämlich eine sehr fundierte technische Ausbildung und eine Persönlichkeitsbildung die ihm ein überzeugendes Standing verleihen Sein Kollege Dr Dieter Lehnen sieht dies grundsätzlich auch so unterscheidet jedoch zwischen Universität und Fachhochschule die sich heute oft auch Hochschule oder Technische Hochschule nennt Er rät den jungen Menschen die an einer Universität studieren dringend dazu das Studium mit dem Master abzuschließen An Fachhochschulen hingegen könne der Bachelor dann als berufsqualifizierend gelten wenn es gelungen sei die bewährten Standards für die der ehemalige Diplom Ingenieur FH als etablierter praktisch ausgerichteter Studienabschluss stand in den Bachelor Studiengang zu überführen Aus der Sicht einer Universität sei der Bachelorabschluss ein schwie riges Thema räumt Prof Karsten Körkemeyer ein An der TU in Kaisers lautern haben wir sehr lange an dem bewährten Diplom festgehalten Das spiegelt unsere Haltung in dieser Frage deutlich wider Deshalb unterstützt er die Auffassung der Kollegen Lehnen und Speier die Bachelor und Master Studiengänge konsekutiv das heißt als aufeinanderfolgend zu betrachten Mit anderen Worten Ein Universitätsstudium des Bauingenieurwesens sollte mit dem Master beendet werden Dann hat man insgesamt zehn Semester stu diert und steht auf einem sehr soliden Fundament betont Prof Körkemeyer Dagegen sei der Bachelorabschluss an einer Fachhochschule bzw Hochschule absolviert zwar berufsqualifizierend er könne jedoch die beruf lichen Auswahlmöglichkeiten und damit die Chancen der jungen Leute erheblich einschränken Dies führt er auf inflationäre Ten denzen im Studiengangsangebot zurück da sich die Hochschulen und Universitäten zu sehr zur Ausbil dungsbank der Unternehmen hätten machen lassen Mit dem Ergebnis dass heute zwischen verschiedensten Fachrichtungen und Spezialisierungen wie Projektmanager oder Energiemanager gewählt werden könne Eine Entwicklung bedauert Prof Körkemeyer die dem Anspruch der Universitäten zuwiderlaufe ein ganzheitliches Studium und den Erwerb ganzheitlicher Kompetenz zu bieten die Voraussetzung auch für die berufliche Flexibilität um entweder forschen oder in einem ambitionierten Ingenieurbüro in der ausführenden Industrie oder in einer Behörde tätig sein zu können Mit dem Diplom in der Tasche hätten früheren frischgebackenen Bauingenieuren noch alle Türen offengestanden im Gegensatz zu einem heutigen Bachelor für Projektmanagement im Bauwesen beispielsweise Denn gibt Dr Dieter Lehnen zu bedenken ein solcher Absolvent ist aufgrund seiner zu engen Qua lifikation fast nicht mehr in einem Büro wie ZPP einsetzbar Eine Tatsache die jeder Studierende mit ins Kalkül ziehen müsse In diesem Zusammenhang räumt er ein dass die Überführung der jahr zehntelang erprobten und bewährten Standards aus der Diplom Welt in die des Bachelor bzw Master Studiengangs nur zum Teil gelungen sei Allerdings ist er wie seine beiden Kollegen davon überzeugt dass sich die erkannten Defizite in den nächsten Jahren noch ausgleichen ließen Prof Speier re sümiert Ich denke dies ist ein Prozess Wir haben so schwer es auch gefallen sein mag von der Marke Diplom Ingenieur Abschied genommen und befinden uns noch in einer Übergangsphase Nun ist Kreativität gefordert um das wieder zu etablieren was dem Diplom fachlich und inhaltlich entsprochen hat Dazu seien weitere Diskus sionen erforderlich an deren Ende sicherlich ein für alle Beteiligten akzeptabler Konsens stehen werde Der Masterabschluss hat Priorität Der Bachelorabschluss ist zwar berufsqualifizierend engt aber die beruflichen Auswahlmöglichkeiten ein Weiterer Diskussionsbedarf in der Übergangsphase Prof Dr Ing Karsten Körkemeyer links hat an der Tech nischen Universität Kaiserslautern den Lehrstuhl Baubetrieb und Bauwirtschaft inne Vor seiner Berufung war er ebenfalls in der Bauwirtschaft tätig kennt also die praktische Seite seines Fachs aus dem Effeff Heute vermittelt er den Studierenden das notwendige Rüstzeug für die Realisierung und Abnahme von Bauprojekten Sein Lehrfach umfasst außerdem die Bauverfahrenstechnik ebenso wie das Bauvertragsrecht die Kalkulation von Baupreisen das Facility Management und die Instandhaltung von baulichen Strukturen Dr Ing Dieter Lehnen Mitte lehrt seit 2012 an der Fakultät für Bau und Umweltingenieurwissenschaften der Ruhr Universität Bochum Sein Thema sind Betonbauwerke für den Umweltschutz WHG Bauwerke Ferner ist er Mitglied des Fachbeirats Bauingenieurwesen an der Hochschule Bochum Prof Dr Ing Ludger Speier rechts lehrt seit 2011 am Fachbereich Bauingenieurwesen Fachgebiet Baubetrieb und Bauwirtschaft an der Technischen Universität Kaiserslautern Sein Thema ist die Bauverfahrenstechnik des Tunnelbaus 1 und 2 Überdies lehrt er seit 2010 an der Hochschule Bochum am Fachbereich Bauingenieurwesen Institut für Geotechnik Tunnelbau im Lockergestein DIE GESPRÄCHSTEILNEHMER Zu Hause in Theorie und Praxis Dieter Lehnen und Ludger Speier sind als Gesellschafter von ZPP nicht nur in der Geschäftsführung und als Prüfingenieure bzw Gutachter tätig sondern auch als Lehrbeauftragte der Wissenschaft eng verbunden Karsten Körkemeyer ist ein ehemaliger Kollege der beiden und bei ZPP ein gefragter Partner im Wissens und Erfahrungsaustausch

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